Bei Städtereisen gibt es im Voraus bestimmte Faktoren, die mich besonders reizen. Dazu gehören eine Industrievergangenheit, die Nähe zum Wasser (ein Fluss oder das Meer) und Weinanbau. Denn das sind oft Garanten für coole Architektur, versteckte Kunst, erhöhte Lebensqualität und gutes Essen. Wenn es dann auch noch eine Stadt ist, die touristisch noch gar nicht so bekannt ist, hab ich doppelt Bock drauf. Genau so eine Stadt ist Schweinfurt.
Schon aus dem Zugfenster war mir klar, dass mich was ganz Besonderes erwartet. Die Strecke führt von Bamberg den Main entlang, der hier fast ein bisschen wild erscheint. Satte Wiesen, wilde Ufer, ein in der Sonne glitzernder Fluss, an dem ein Radweg entlang führt – „Hier sind die Menschen sicher besonders glücklich“, denke ich mir bei diesem Anblick.
Vom Bahnhof zum Hotel ist es nur ein Katzensprung entlang der Uferpromenade zu meinem Hotel. Ich sehe Häuser mit bunten Markisen, einen netten kleinen Biergarten am Kai und mein erster Eindruck ist: „süß!“. Was ich noch so alles entdeckt habe und meine 5 Gründe, für eine Schweinfurt Städtereise, kommen jetzt!
1. Die Architektur
Für eine Stadt mit gerade mal etwas über 50.000 Einwohnern verfügt Schweinfurt über ein paar wirklich imposante Bauwerke. Gleich wenn man vom Main aus die Stadt betritt, empfängt einen ein Tor aus modernen Gebäuden: Rechts spiegelt sich der historische Teil des Ebracher Hofs in den Fenstern des modernen Hauptzollamts und links der imposante Bau des Museum Georg Schäfer. Und was soll ich sagen: Zum Glück war mein Hotel gleich um die Ecke, denn ich musste einfach zu jeder Tageszeit um die Gebäude herumschleichen und Fotos machen. Vor allem der Kontrast zwischen Alt und Neu ist in dieser Ecke der Stadt besonders spannend. Der Museumsbau aus Sichtbeton und hellem Stein wurde von Volker Staab geplant und direkt auf einer ehemaligen Tiefgarage gebaut. Fun Fact: Ursprünglich war der Entwurf der Neuen Nationalgalerie von Mies van der Rohe für Schweinfurt gedacht – es ist dann aber schlussendlich dieser geworden und ich glaub, das ist für beide Städte die bessere Lösung. Das Museum ist auch von innen ziemlich beeindruckend – deswegen hüpfen wir gleich mal weiter zum nächsten Punkt!
2. Die Museen
Ich habs ja schon erwähnt: Schweinfurt ist eine ehemalige Industriestadt. Von hier stammt zum Beispiel das berühmte Schweinfurter Grün, die Farbe, die angeblich Napoleon durch die Tapete vergiftet haben soll. Durch die Ansiedlung der Wälzlagerindustrie wurde Schweinfurt zu einer der wichtigsten und später meist zerstörten Städte im Zweiten Weltkrieg. Alte Industriestädte haben oft nicht nur Industriekultur, Ugly-Pretty Gebäude und verrostete Metall-Konstruktionen in der Skyline – sie haben vor allem gerne die Kunstsammlungen von reichen Großindustriellen, die nicht wussten, wohin mit dem ganzen Geld. In Schweinfurt war das vor allem einer: Georg Schäfer. Seine Sammlung ist die bedeutendste Privatsammlung von deutschen Werken des 19. Jahrhunderts. Das Museum Georg Schäfer beherbergt die größte Spitzweg Sammlung der Welt, sowie einige Werke von Caspar David Friedrich, Max Liebermann, Max Beckmann und einigen mehr. Es lohnt sich also nicht nur wegen der Architektur ein Blick ins Museum.
Die Kunsthalle Schweinfurt befindet sich in einem ehemaligen Schwimmbad, das von einem weiteren berühmten Industriellen gebaut wurde: Ernst Sachs. Der Erfinder der Rücktrittbremse schenkte das Bad seinerzeit seiner Heimatstadt. 2009 wurde aus Hallenbad ein Ausstellungsort für Kunst nach 1945. In der ehemaligen Schwimmhalle finden vor allem Wechselausstellungen zeitgenössischer Kunst statt. Bei meinem Besuch konnte ich durch gigantische Installationen von Ottmar Hörl schlendern, in denen es hauptsächlich um die Kritik am Umgang mit dem Klimawandel geht.
3. Die Altstadt und das Viertel Zürch
Ich habe ja schon erwähnt, dass Schweinfurt im Zweiten Weltkrieg zum großen Teil zerstört wurde. Doch ein bisschen was von der Altstadt ist noch geblieben und das ist ziemlich niedlich. Vor allem im kleinen Viertel Zürch befinden sich viele alte, bunte Häuser, es wirkt alles total nett und gemütlich. In der Burggasse versteckt sich der kleine nette Second Hand Laden Frau Pudding – bei dem ich natürlich gleich zugeschlagen habe (graue Vans, hallo!?). Von hier aus kommt man auf die alte Stadtmauer, auf der es im Frühling überall nach Flieder duftet. Für einen kleinen Kaffee-Kuchen-Stop bei Cafébar .aus Leidenschaft lohnt sich ein Abstecher in die Judengasse. Von hier aus sind es nur noch ein paar Schritte bis zum Schrotturm, der etwas versteckt in einem Hinterhof liegt. Hier lohnt es sich eine Führung über die Tourist-Info zu buchen, denn von oben hat man eine 360° Aussicht über die Stadt.
4. Der Main
Hatte ich erwähnt, dass ich Städte am Wasser liebe? Vor allem Flüsse geben so viel Lebensqualität, finde ich. Ich liebe es, am Wasser entlang zu spazieren, am Ufer zu sitzen und die vorbeifahrenden Schiffe und Boote zu beobachten, selber Boot zu fahren oder einen Sundowner am Wasser zu trinken. Das kann man natürlich alles am Main auch machen. Ich bin total gerne auf der Innenstadtseite des Mains die Uferpromenade lang spaziert oder hab mich an den Kai gesetzt, um ein bisschen zu zeichnen. Für einen ausgedehnten Spaziergang lohnt sich aber auch eine Runde auf die andere Mainseite in Richtung Maininsel und Stadtpark. Hier befindet sich mit dem Saumain ein ganzes Naturschutzgebiet mit wilden Flussläufen quasi mitten in der Stadt. Den wohl besten Sundowner gibts beim Stadtstrand, einer kleinen künstlichen Beach Bar mit Biergarten direkt an der Kaimauer. Pro-Tipp: Wer möchte, besorgt sich in der Tourist-Info am Markt für 15€ einen Picknick Korb mit Wein und Crackern und setzt sich damit beim Historischen Greiferdrehkran direkt ans Wasser.
5. Kunst im öffentlichen Raum
Um ehrlich zu sein, habe ich von einer Stadt wie Schweinfurt jetzt eigentlich im Voraus keine große Street Art erwartet. Umso mehr konnte mich das Städtchen aber dahingehend überraschen. Zwar nicht mit großflächigen Murals oder Paste Ups, aber es gibt überall in der Stadt verteilt spannende moderne Skulpturen, die man entweder auf einer selbstgeführten „SkulpTour“ angucken kann – oder sowieso hier und da zufällig entdeckt. Einige der Skulpturen befinden sich im Motherwell Park, wiederum andere direkt an der Gutermann-Promenade und manche liegen ein bisschen versteckt.
Besonders gefallen hat mir ein Neon-Oranges-Kreuz, das mitten in der St. Johannis Kirche hängt. Ein Werk des Künstlers Ludger Hinses im Rahmen der Ausstellung „Lich T raum“ der Kunsthalle Schweinfurt. Auf meine Street Art Kosten bin ich übrigens auch noch gekommen: Die Kunsthalle veranstaltet regelmäßig Sprüh-Workshops im Freien. Wir haben uns der berühmten Spraybanane von Thomas Baumgärtel angenommen und ein bisschen Schablonentechnik ausprobiert. War auch mein erstes Mal!
Bonus!
Na gut, ich hab noch ein paar andere tolle Dinge in Schweinfurt gefunden, die es zwar nicht in eine eigene Kategorie geschafft haben, aber durchaus unbedingt nennenswert sind.
Frühstück
Ich habe wirklich selten irgendwo so gut gefrühstückt wie in Schweinfurt. Im schnuckeligen Simply Life Café durfte ich mich einmal durch die Frühstückskarte probieren und war im siebten Himmel. Die Besitzerin Christina ist außerdem Ernährungsberaterin und sie konnte mir mit dem ein oder anderen „Wehwehchen“ echt weiterhelfen. Auch im Soul & Bowl kann man richtig gut Brunchen (Mimosas anyone?) – ich hatte ein Käsefrühstück und die kandierten Nüsse, die eigentlich nur Deko waren, hätte ich am liebsten Säckeweise mit nach Hause genommen. Im Café Vorndran gibt es auch leckeres Frühstück und man sitzt draußen super schön hinter der Kirche.
Wein
Schweinfurt liegt mitten im fränkischen Weinland und am besten probiert man sich durch die fränkischen Weine im Türmle, der kleinsten Weinstube der Stadt gelegen in einem alten Wehrturm der Stadtmauer. Hier sitzt man gemütlich bei Wein und Käseplatte und kann „schö schöbbln“.
Kaffeerösterei
Kaffeekenner können sich in Schweinfurt gerösteten Kaffee als Souvenir mit nach Hause nehmen. Die Kaffeerösterei Schweinfurt ist ein kleines Familienunternehmen mit einem der besten Kaffees Deutschlands!
Abendessen
Abends kehrt man am besten im Hotel Ross oder im Rückhertz ein. Beide servieren saisonale fränkische Küche mit einem modernen Twist.
Video
Ich habe aus Schweinfurt außerdem ein kleines Video mitgebracht mit meinen Highlights und noch ein paar mehr Eindrücken aus der Stadt am Main.
Tipps
Hinkommen & Weiterkommen
Schweinfurt lässt sich wunderbar mit dem Zug erreichen. Der ICE Bahnhof in Bamberg ist nur einen Katzensprung entfernt und Schweinfurt verfügt über gleich 3 innerstädtische Bahnhöfe. Auch auf einem Roadtrip lässt sich die Stadt gut mit einer Rundreise durch Franken mit den Städten Nürnberg, Bamberg und Würzburg verbinden.
Rumkommen
In Schweinfurt lässt sich wie gesagt alles prima zu Fuß erreichen.
Unterkommen
Ich bin im wunderbaren Hotel Ebracher Hof untergekommen, was direkt gegenüber vom Museum Georg Schäfer liegt und somit eigentlich mitten in der Stadt. Ich habe lange nicht so ruhig geschlafen (von den frühen Kirchenglocken, die man in der ganzen Stadt hört mal abgesehen).
Weiterlesen
Meine lieben Kollegen von Sommertage waren vor einiger Zeit auch in Schweinfurt und haben einen City Guide zusammengestellt.
Bei Schweinfurt 360 findet ihr außerdem alle nötigen Tipps zu Unterkünften, Ausleihe von Ebikes und Ausflugszielen Rund um Schweinfurt.
Offenlegung:
Dieser Artikel entstand durch Unterstützung von der Tourist-Information Schweinfurt. Ich wurde für die Reise und die Erstellung des Videos und Blogbeitrags bezahlt. Meine Meinung bleibt davon unbeeinflusst.
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Bin so oft auf dem Weg nach Erlangen an Schweinfurt vorbei und hab nie angehalten. Mache ich beim nächsten Mal. Danke für deine interessanten Einblicke.
Oh, ja das ist ein superguter Plan! Berichte dann mal!
Sehr interessant mal diese Seite von Schweinfurt kennen zu lernen.. super Blog! 🙂