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Ich habe meine Island-Reisebegleiterin gefragt, ob sie einmal darüber schreiben möchte, wie es so ist mit mir zu Reisen.
Ein Gastbeitrag von Lisa Rank.

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Island schneesturm

„Ich geh da jetzt raus!“

 

Sie zog sich die Mütze tief in die Stirn. „Du gehst da nicht raus, das Auto wackelt, Nina, der Wind weht dir alles weg, du gehst da jetzt nicht raus“ sagte ich und hoffte, sie würde die Autotür einfach zulassen und von drinnen durch die Scheibe Bilder machen, aus Angst, ich müsste ihr gleich hinterher kriechen, um sie eventuell aus der Schneewehe zu ziehen oder aus einem Strauch zu friemeln, in den der Wind sie geweht hat. „Doch ich geh da jetzt raus“ hörte ich noch und schon war sie aus dem Auto gesprungen und stand mit flatternder Jacke auf einer isländischen Straße in einem Schneesturm. Mit Kamera und Mütze und diesem Grinsen, das immer in ihr Gesicht klettert, wenn etwas Aufregendes passiert, das nicht geplant oder vorherzusehen war. Dieses Grinsen, an das man sich immer erinnert. Das neben einem im Auto sitzt, wenn man auf einer schmalen Straße das Auto einfach so wendet und woandershin fährt, weil man keine Lust mehr hat, geradeaus zu fahren. Dieses Grinsen, das man sieht, wenn man gerade auf einem Pony sitzt, seine Füße nicht mehr spürt und sich umdreht, weil es klang, als habe das Pony hinter einem gerade gerülpst. Man sieht sie dann auf diesem Pferd sitzen, das gemütlich am isländischen Wegesrand ein paar verdorrte Zweige mampft, und grinsen. Obwohl ihr die Kälte schon überall hingekrochen ist, obwohl ich weiß, dass sie nicht mehr laufen kann, wenn sie absteigt, obwohl ihre Kamera schon in den Dreck geflogen ist. Sie sitzt da und grinst und galoppiert dann plötzlich los, als habe sie nie etwas anderes gemacht.

 

nina im schnee flying brömse

Smaracuja-Island-Lisa-Nina-1

 

Reisen mit Nina ist Reisen mit einem zufriedenen Lächeln.

Natürlich gibt es auch die Momente, in denen mal nicht gegrinst wird. Dann wird nämlich schallend gelacht. Oder einfach mal die Klappe gehalten. Das kann sie auch gut, und irgendwie immer in den richtigen Momenten. Ich hätte nicht gedacht, dass Nina einer von den Menschen ist, mit denen es nicht langweilig wird, einfach geradeaus zu fahren. Oder leicht um die Kurve. Oder über Schotterserpentinen. Und mit denen man dabei nicht ständig reden muss, weil es manchmal genügt, einfach zu gucken oder dem isländischen Geplärre im Radio zuzuhören. Nina ist einer von den Menschen, die im selben Moment wie ich die Hand heben, um das Radio auszuschalten. Die irgendwann einfach rechts ranfahren, ohne erst einmal zu besprechen, ob man denn jetzt rechts ranfährt oder lieber erst in 50 Metern, weil sie wissen, wie besonders dieser eine Blick gerade ist. Mit denen man sich nicht komisch vorkommt, wenn man im Restaurant sitzt mit roten Wangen und roter Nase und einfach erst einmal nichts sagen kann, weil der Tag einem noch durch den Kopf springt wie ein popcornendes Meerschweinchen.

Nina schaut einen nicht schief von der Seite an, wenn man irgendwo stehen bleibt, um ein Foto zu machen, weil sie selber irgendwo steht und ein Foto macht. Und Nina fragt auch in Cafés, ob es WLAN gibt. Nicht immer. Sondern dann, wenn man selber fragen würde. Das macht es unkompliziert. Und entspannt. Und am Ende liegt man neben ihr in einer Holzhütte auf dem Rücken und seufzt im selben Moment vor Glück. Bevor sie aufspringt, sich noch im Schlafanzug die Kamera umschnallt und während sie aus der Tür rennt, ruft: „Ich geh da jetzt raus!“

 

Nina und Lisa Island

Island Nina und Lisa

Nina the Wall

Lisa und Nina

 

Elisabeth Rank

Elisabeth Rank ist freiberufliche Autorin und Konzepterin für Digital und Print in Berlin. Wenn sie nicht gerade mit mir Mittagspausenkaffee trinkt, schreibt sie wundervolle Geschichten auf, twittert und fotografiert. Ich habe sie nicht zu diesem Text gezwungen oder mit Rotwein bestochen, Ehrenwort!
Alle Fotos stammen von Lisa und mir.

Danke, Lisa!

 

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